angekommen

Friederike Rass ist unsere neue Gesamtleiterin. Im Gespräch zieht sie Bilanz ihrer ersten Monate im Amt.

Friederike, was ist dir vom ersten Arbeitstag in Erinnerung geblieben?

Bevor ich mein Büro bezog, besuchte ich unsere Einrichtungen. Ich wollte einen ersten Eindruck davon erhalten, wer die Menschen sind, die bei uns Hilfe suchen, und wer ihnen dabei helfende Hand bietet. Ich durfte Mitarbeitende und Betreute in ihrem Alltag kennenlernen und habe so ein gutes Gefühl dafür bekommen, worum es wirklich geht. Es war für mich ein grosses Geschenk zu erleben, mit wie viel Offenheit ich willkommen geheissen wurde. Und ich habe gesehen, mit welcher Hingabe, aber auch mit welcher Kompetenz gearbeitet wird. Das hat mich echt beflügelt.

Hattest du ein Erlebnis, das dir unvergesslich bleiben wird?

Ich hatte bereits so viele tolle Erlebnisse, dass es mir nicht leichtfällt, eines hervorzuheben. Berührt hat mich der Gottesdienst, mit dem ich von der Stiftung willkommen geheissen wurde. Ich wollte nicht, dass wir in einer Kirche feiern, sondern im Sinne Pfarrer Siebers draussen bei den Menschen. So feierten wir im Zelt in Brothuuse. Das war grossartig. Das Engagement und Miteinander von Mitarbeitenden und Betreuten war klasse. Bewegt hat mich, als ein Bewohner mich mit den Worten begrüsste: «Chum eifach, chasch nüüt falsch mache!»

Wir sind ein Hilfswerk mit einem Dutzend Angebote. Wie hast du diese Vielfalt kennengelernt?

Bereichernd. Ich habe gesehen, mit welchem Selbstverständnis man sich trotz der vielen dezentralen Standorte aushilft und sich unterstützt. Und ich habe gesehen, dass das Bild stimmt: Beim Sieber packt man an!

Welches waren bisher deine grössten Herausforderungen? Welche Herausforderungen siehst du auf uns zukommen?

Mir ist rasch ist klargeworden, dass für die sich uns anvertrauenden Menschen keine normierten Angebote genügen. Wir müssen also individuell arbeiten. Das ist sehr sinnvoll, bedeutet aber in der Praxis eine hohe Anforderung an Mitarbeitende und Strukturen. Den Spagat zwischen menschlichem Anspruch und ökonomischer Realität hinzubekommen, sehe ich als Daueraufgabe.

Welche Herausforderungen siehst du auf uns zukommen?

Es verändern sich die Nöte, denen wir begegnen. Psychische Diagnosen, Depressionen etc. treten häufiger auf, derweil die Leistungsansprüche in der Gesellschaft steigen. Immer mehr Menschen verzweifeln. Mit der Planung des neuen Gassenzentrums an der Konradstrasse möchten wir eine Anlaufstelle und ein sichtbares Zeichen gegen Ausgrenzung und Armut ganz zentral in der Stadt setzen. Zudem baut die reformierte Kirche der Stadt Zürich für uns das lange ersehnte Pfarrer-Sieber-Huus, in welchem Mitte 2024 unser Fachspital Sune-Egge, unsere Langzeitpflegestation Sunegarte, unsere Notwohnsiedlung Brothuuse und unsere Geschäftsstelle ein zeitgemässes Zuhause finden werden. Das fordert operativ einiges und bietet gleichzeitig tolle, neue Möglichkeiten.

Wie willst du den guten Geist von Pfarrer Sieber am Leben erhalten?

Der ist in unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr lebendig, was uns als Stiftung stark macht. Wichtig scheint mir, dass wir für unsere Klientinnen und Klienten mit Normen im Alltag auch weiterhin kreativ umgehen, also auch mal unkonventionelle Lösungen finden.

Gesamtleiterin einer so pulsierenden Organisation zu sein, ist intensiv. Wie und wo tankst du Energie?

Ich habe ein hervorragendes Team um mich. Das erlaubt mir, mich fokussiert meinen Aufgaben zuzuwenden. Kraft tanke ich in den Bergen, mit Freunden und meiner kleinen Familie. Sie lassen mich die Welt täglich neu entdecken.

Interview Walter von Arburg, Leiter Kommunikation