Die Sicht der Schwester

Jasmine Heusser ist die Schwester des Drogenkonsumenten Michel Portmann und hat dessen Lebenskampf miterlebt. Sie arbeitet auf einer Anwaltskanzlei.

Wann habt ihr als Familie gemerkt, dass Michel Drogen konsumiert?
Als er etwa 16 war, merkten wir, dass er kifft. Zwei Jahre später erfuhren wir, dass er auch härtere Drogen nahm.

Wie habt ihr darauf reagiert?
Es war für uns alle ein Schlag. Vor allem unsere Mutter machte sich Vorwürfe, viel falsch gemacht zu haben. Und unser Vater zog sich zurück. Ihr wart eine intakte Familie, in der Michel Geborgenheit erfuhr.

Warum geriet er dennoch in die Drogen?
Michel war ein talentierter Fussballer, aber auch sehr sensibel und labil. Warum er wirklich zu kiffen begann, weiss ich nicht. Damals hatte ich den Eindruck, es passierte aus Langeweile.

Was war für euch als Angehörige eines Süchtigen am schmerzhaftesten?
Schlimm war für uns, wenn Michel uns anbettelte, wenn er wieder Stoff brauchte. Und allein zu sein mit unserer Verzweiflung und unserem Schmerz.

Hat Michels Sucht die Familie zerstört?
Wir mussten durch manches Tränental. Aber letztlich schweisste die Sucht uns als Familie zusammen.

Welche Bedeutung hatte der Sune-Egge für Michel?
Der Sune-Egge war für Michel ein Glücksfall. Er fühlte sich hier sofort wohl und angenommen und blühte förmlich auf. Mit seinem Humor konnte er sich einbringen und zur guten Atmosphäre im Haus beitragen. So gesehen wurden Patienten und Betreuungsteam für ihn zu einer Art Familie.

Und wie habt ihr Angehörigen den Sune-Egge erlebt?
Wir fühlten uns stets wertgeschätzt und nicht allein gelassen mit unseren Fragen, unserer Wut, unseren Schmerzen. Das gab uns Mut und Kraft. Es tat uns gut zu sehen, mit welcher Hingabe und Liebe die Patienten hier betreut werden. Wir erkannten, dass Michel und die anderen Patienten hier als Menschen und nicht als Kostenfaktoren oder Krankheitsfälle gesehen wurden. Der Sune-Egge war das Beste, was Michel und uns passieren konnte.