Über das Tier finden wir zum Menschen

Seit 15 Jahren gibt es unser Projekt Gassentierarzt. Initiantin und Betreuerin Mirjam Spring erklärt, worum es bei dieser Arbeit geht.

Mirjam, seit 15 Jahren bist du dabei. Noch nicht genug?
Definitiv nein! Wenn ich sehe, wie wichtig gerade für unsere Klienten die Beziehung zu einem Tier ist und wie dankbar sie für unsere Unterstützung sind, dann kann ich nur sagen: Es ist gut, was wir tun, und es motiviert mich stets aufs Neue.

Setzt dir das Leid, das du ja auch siehst, nicht zu?
Weisst du, wenn ich die Dankbarkeit der Klienten sehe, wenn wir ihren Tieren und ihnen helfen, dann kann ich Negatives und Ärger, den es natürlich auch gibt, wegstecken.

Warum braucht es den Gassentierarzt?
Uns braucht es, weil sich viele armutsbetroffene Tierhalter den Tierarzt schlicht nicht leisten können.

Aber unsere Behandlungen sind ja nicht kostenlos?
Das stimmt, wir sind eine reguläre, fachkompetente Tierarztsprechstunde, aber wir bieten unsere Dienstleistungen zu reduziertem Tarif an. Das macht viel aus. Ein kostenloses Angebot wäre unsinnig. Zur Selbstverantwortung unserer Klienten gehört, dass sie für Futter und medizinische Versorgung ihrer Lieblinge aufkommen müssen.

Ist es denn sinnvoll, dass Obdachlose, Süchtige oder Armutsbetroffene ein Tier halten, wo sie doch kaum für sich selbst sorgen können?
Ein Hund ist für viele oft der einzige Partner. Unsere Erfahrung zeigt: Wer für ein Tier sorgen muss, lernt Verantwortung zu tragen und schaut auch besser zu sich selbst. Es fördert die Sozialkompetenz.

Was unterscheidet unser Tierarzt-Angebot von anderen?
Bei uns bin neben der Veterinärin auch ich als soziale Mitarbeiterin tätig. Wir kümmern uns also nicht nur um das Tier, sondern auch um den Tierhalter oder die -halterin. Das ist wichtig, weil unsere Klienten oft nicht nur armutsbetroffen sind, sondern auch sozial desintegriert.

Was bieten wir an?
Wir bieten ambulante Tierarztsprechstunden, Impfungen für Hunde und Katzen, Parasitenbehandlung, Wundbehandlung, Markierung mit ISOChip, Registrierung bei der Amicus-Datenbank, operative Eingriffe und Hilfe bei Fragen zur Tierhaltung. Und dann sind wir wie gesagt da für die Sorgen und Nöte der Tierhalter. Beim Besuch der Tierarztsprechstunde entsteht ein persönlicher Kontakt, aus dem sich eine weiterführende Beratung ergeben kann.

Wer ausser unseren Spenderinnen und Spendern unterstützt den Gassentierarzt?
Wir sind dankbar, dass wir von Grossisten immer wieder vor allem Futter gespendet erhalten. Ein Kränzchen winde ich der Susy-Utzinger-Stiftung und anderen Organisationen und Tierheimen, die uns seit den Anfängen mit Rat und Tat, Futter und weiteren Naturalien unterstützen. Und seit gut einem Jahr dürfen wir die wöchentliche Sprechstunde in unserem Praxisbus beim Suneboge abhalten. Diese Gastfreundschaft ist uns viel wert, können wir so doch mitten in Zürich in der Nähe unserer Klienten arbeiten.