Corona-konform und geborgen

Pfuusbus und Iglu müssen wegen Corona ausgebaut werden. Valentin Uberi, Leiter der Notschlafstellen für Erwachsene, erklärt warum.  

Valentin, du hast die Leitung unserer Notschlafstellen Anfang Jahr übernommen. Kurz darauf kam Corona. Hat dich das nicht überfordert?

Es war happig, ja. Zum Glück kannte ich die Betriebe ja bereits. «Abgelöscht» hat es mir keineswegs, wie du siehst (schmunzelt). Denn ich mag unsere Gäste sehr. Für sie engagiere ich mich gerne. 

Was brachte Corona? 

Verunsicherung auf allen Ebenen! Wir wussten nie, wer gesund ist und wie lange noch. Tests gab es für uns damals nicht. Wir mussten ältere Freiwillige nach Hause schicken und innert kürzester Zeit jüngere Freiwillige rekrutieren. Das war schon anspruchsvoll. Weil die Landesgrenzen geschlossen wurden, war im Iglu vorzeitig Saisonschluss. Den Pfuusbus mussten wir für die Neuorganisation vorübergehend schliessen. Für unsere Gäste bedeutete dies zunächst nochmals mehr Unsicherheit und Angst, weil plötzlich auch die letzten Unterstützungsangebote wegbrachen. Dass wir den Pfuusbus drei Tage später als corona-konformes und deutlich personalintensiveres 24/7-Angebot öffnen konnten, empfinde ich als Meisterleistung. 

Gab es keine Covid-Fälle im Pfuusbus? 

Während der Wochen, in welcher wir den Pfuusbus im Lockdown führten, gab es lediglich fünf Verdachtsfälle, die wir vorübergehend isolieren mussten. Ein einziger Gast musste corona-erkrankt ins Spital eingewiesen werden. Ihm geht es wieder gut, darüber sind wir sehr froh. Beim Personal erkrankte ebenfalls eine Person, die daraufhin in Quarantäne ging. Auch sie ist wieder genesen. 

Werden Pfuusbus und Iglu auch im Winter rund um die Uhr, sieben Tage die Woche betrieben? 

Solange die Tagesbetreuung in unseren Anlaufstellen in der Stadt funktioniert und wir nicht wieder einen Lockdown haben, genügen sie als Notschlafmöglichkeiten. Dennoch müssen wir beide Notschlafstellen corona-konform aufstellen. Für den Pfuusbus benötigen wir wie während des Lockdowns ergänzend Zelte, Container, Sanitäranlagen und Betten, was zusätzlich gut 100‘000 Franken kostet. Fürs Iglu suchen wir noch einen geeigneten, grossen Raum in einem Gebäude. 

Was wird konkret anders sein als vor Corona? 

Zum Schutz der Gäste und Mitarbeitenden gelten Abstands- und Hygienemassnahmen gemäss BAG. Die Aufteilung in ein Schlaf- und ein Aufenthaltszelt im Pfuusbus ist wegen der Abstandsregeln nötig. Natürlich werden wir den Aufenthaltsbereich auch als Begegnungsraum für den Aufbau sozialer Beziehungen nutzen. Räume und Mobiliar desinfizieren wir täglich. Medizinisch berät und unterstützt uns unser Fachspital eng und bietet im Pfuusbus regelmässige Arztvisiten an. 

Hast du Angst, dass Corona den guten Pfuusbus-Geist verscheucht? 

Im Pfuusbus der Vor-Corona-Zeit war es eng. Im Sattelschlepper schliefen bis zu 15 Personen, im Vorzelt bis zu 30 in einem Raum. Die- se Enge sagte nicht allen zu; es gab Obdachlose, die lieber draussen schliefen, solange es die Temperaturen zuliessen. Wer aber in den Pfuusbus kam, schätzte die heimelige Atmosphäre. Pfarrer Sieber nannte den Pfuusbus einen «Mutterbauch, in dem man sich geborgen fühlt». Ein wunderbares Bild. Dieses Geborgenheitsgefühl wollen wir unbedingt bewahren, auch wenn die Gäste physisch nicht mehr so eng beisammen sein können. Gemeinschaft soll spür- und erfahrbar sein.

• Interview: Walter von Arburg