Wir geben Hoffnung

Wir wollen Notleidenden mehr sein als Fluchtpunkt ihrer Sehnsüchte. Wir wollen ihnen Hoffnungsorte sein.

Beat hat ein bewegtes Leben. Manchmal geht es aufwärts, öfter abwärts. Wenn er als künstlerisch begabter Patient im Atelier unseres Fachspitals Sune-Egge weilt, kann er beim Malen seine Sehnsüchte ausdrücken. Das Malen tut dem feinfühligen, jungen Mann gut und nährt in ihm die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Menschen wie Beat kennen wir in unserem Arbeitsalltag auf der Gasse zahlreiche. Menschen mit Lebensmittelpunkt Strasse sind höchst sensible Persönlichkeiten, die an zwischenmenschlicher Kälte leiden und daran nicht selten zerbrechen. Sie haben in ihrem Leben viel Leid erlebt und den Glauben an sich und andere verloren. Geblieben ist ihnen die Sehnsucht – die Sehnsucht letztlich nach Liebe und Geborgenheit.

Sehnsucht haben wir alle; Hoffnung brauchen wir alle. Sehnsucht leitet sich etymologisch vom Mittelhochdeutschen sensuht ab und heisst Krankheit des schmerzlichen Verlangens. Hoffnung kommt von hopen (hüpfen) und heisst eine zuversichtliche innere Ausrichtung. Sehnsucht und Hoffnung gleichen zwei Fenstern eines zentralen Raumes – jenes unserer Seelen. Das Sehnsuchtsfenster im Parterre lässt uns in die Umgebung unseres Lebens blicken und erkennen, was uns fehlt. Die Hoffnung gleicht einem Dachfenster, durch das himmlisches Licht in unser Innerstes leuchtet und sichtbar macht, welche Potenziale wir haben.

Damit das Sehnen der sich uns Anvertrauenden nicht schmerzhaft und unerfüllt bleibt, versuchen wir, ihnen Hoffnung zu vermitteln. Denn im biblischen Sinn lebt die Hoffnung davon, erfüllt zu werden (2. Kor 1,10; Röm 5,5). So stehen wir Notleidenden nicht nur materiell und medizinisch zur Seite. Mit unserem Seelsorgeangebot wollen wir ihnen auch ganz konkret Hoffnung vermitteln. Damit Menschen wie Beat wieder an sich und andere glauben mögen. Getragen von der Hoffnung auf eine lichtvolle Zukunft. Damit sie nicht tragisch enden wie die Protagonisten im Literaturklassiker von Tennessee Williams (Endstation Sehnsucht, engl. A Streetcar Named Desire), sondern beflügelt werden von der Verheissung Jesu auf ein neues Leben.

• Walter von Arburg, Kommunikationsbeauftragter

Bildlegende: Der Sune-Egge-Patient Beat Fritschi drückt seine Sehnsucht beim Malen aus. In der Kunsttherapie gibt er seinen inneren Bildern Raum.