mit Herzblut dabei

Seit 2015 arbeitet Barbara Leuthold als Betreuerin im Pfuusbus, in der kommenden Saison erstmals als CoLeiterin.

Barbara, wie bist du zum Pfuusbus gekommen?
Als junge Frau hatte ich mich früh selbständig gemacht und mit meinem Bruder zusammen ein Personalvermittlungsbüro betrieben. Zugunsten meiner Kinder habe ich mich dann aber aus dem Erwerbsleben zurückgezogen und war Familienfrau. Als die drei ausgeflogen waren, wollte ich mich in der Gesellschaft anders nützlich machen und suchte über Benevol eine Freiwilligenbeschäftigung. Ich fand den Pfuusbus und habe gleich mein Herz an ihn verloren. 

Hattest du keine Berührungsängste?
Nein. Ich liebe Menschen. Und weil ich während vieler Jahre im Kreis 4 gelebt hatte, war mir schon einigermassen bewusst, worauf ich mich da einlasse. Vor meiner ersten Nacht im Pfuusbus hatte ich dann aber doch etwas weiche Knie.

Lerntest du Pfarrer Sieber noch persönlich kennen?
Der Pfarrer kam zu Beginn noch regelmässig in den Pfuusbus. Sein Charisma und seine unkomplizierte Art beeindruckten mich schwer. Ich zolle ihm grössten Respekt für sein Herz für Menschen, die von der Gesellschaft am liebsten übersehen werden. Mich beeindruckt, wie sehr Obdachlose ihn auch heute, fünf Jahre nach seinem Tod, noch immer verehren.

Was hat sich seit deinem Einstieg im Pfuusbus verändert?
Waren unsere Gäste zu Beginn vor allem drogen- und alkoholsüchtig, gibt es heute auffallend mehr psychisch Erkrankte. Die gegenseitige Toleranz ist kleiner geworden. Fühlten sich unsere Gäste früher der grossen Pfuusbus-Schicksalsgemeinschaft zugehörig, bilden sich jetzt mehr Untergruppen. Das führt zu Konflikten und stellt uns Betreuende vor neue Herausforderungen. Wir wünschen uns, dass wir für alle Gäste gleichermassen eine Atmosphäre schaffen können, die ihnen ein bisschen das Gefühl gibt, «nach Hause zu kommen».

Was ist besonders an der fast schon legendären, guten Pfuusbus-Atmosphäre?
Niemand veranschaulicht dies besser als die Menschen, die trotz eines eigenen Zimmers irgendwo in der Stadt lieber im Pfuusbus übernachten wollen, weil sie hier nicht allein sind und Geborgenheit finden. Ein obdachloser Gast sagte mir einmal: «Auf der Gasse stirbst du nicht an Drogen oder Alkohol, sondern an Einsamkeit!» Diesen Satz habe ich nie vergessen. Darum muss unsere Anstrengung dahin gehen, diese Atmosphäre auch unter veränderten Bedingungen immer wieder aufs Neue zu schaffen und zu pflegen. 

Der Betreuungsalltag ist herausfordernd. Ist er auch heiter?
Heiter ist es im Pfuusbus oft. Ich lache viel. Wer hier arbeitet, muss Menschen gern haben und mit Herzblut bei der Sache sein. Leider muss man sich auch mal unbeliebt machen und Regeln durchsetzen. Entschädigt wird man aber meist später mit Akzeptanz und aufrichtiger Dankbarkeit. Mir liegt Gemütlichkeit am Herzen. Letzte Saison ergriff das Schachfieber den Pfuusbus. Sogar Turniere wurden ausgetragen. Für mich gab es schon Winter, da habe ich fast jeden Abend einen Jass geklopft.

• Interview Walter von Arburg