Wir gratulieren zum Abschluss und zu den neuen Jobs!

Mirabelle und Matthias waren einst obdachlos. Vor zwei Jahren nahmen sie die Ausbildung zu Peers in Angriff. Nun haben sie sie erfolgreich abgeschlossen und Arbeitsverträge im SWS erhalten. 

Welche Bilanz eurer Ausbildungszeit zieht ihr?
Mirabelle: Ich kann heute besser auf unterschiedliche Situationen und andere Menschen zugehen.
Matthias: Erfahrungen zu teilen, hat mich bereichert. Dass ich es schaffte, die Ausbildung und meine verschiedenen Erwerbsjobs zu organisieren, hat mir Selbstvertrauen gegeben.

Was war anders, als ihr es euch vorgestellt habt?
Mirabelle: Ich hatte es mir einfacher vorgestellt. Ich musste zuerst herausfinden, was ich zu tragen vermag und wo ich eine Grenze ziehen muss.
Matthias: Auch ich hatte es unterschätzt. Ich würde heute nebst der Ausbildung nicht mehr zusätzliche Jobs annehmen. Denn man weiss nie, was sonst noch alles an Herausforderungen auf einen zukommt. Bei mir waren es Hochzeit und Umzug.

Was waren die grössten Herausforderungen?
Mirabelle: Das richtige Mass von Nähe und Distanz zu Klientinnen und Klienten war und ist für mich herausfordernd. Weil ich selbst obdachlos war, muss ich darauf achten, mich nicht wieder in die Vergangenheit ziehen zu lassen.
Matthias: In der Ausbildung war ich zwar nicht mehr Klient, aber eben auch noch nicht Berufsmann. Diese unklare Rolle war für mich eine Herausforderung.

Was waren Höhepunkte?
Mirabelle: Es war für mich ein Privileg, Klienten gegenüber offen sein zu dürfen. Ich musste meine Gefühle nicht verstecken. Weil sie mich als eine der ihren ansahen, nahmen sie mir ab, was ich sagte. Auch, dass ich offen über meine Aufenthalte in der Klinik sprach, kam nicht nur bei Klientinnen, sondern auch den Studis gut an. So konnte ich als Peer angehende Sozialarbeiterinnen und -arbeiter an der ZHAW darauf hinweisen, dass nur schon die Sprache sozialer Berufe für Klienten oft nicht verständlich ist und ein Machtgefälle schafft.
Matthias: Der Höhepunkt ist für mich der bestandene Abschluss. Pfarrer Sieber war es, der mich einst aufnahm. Seither wünsche ich mir, in seinem Namen arbeiten zu dürfen. Nun geht mein Wunsch in Erfüllung. Ich bin stolz, nun in seiner Stiftung anpacken zu dürfen.

Was sollen wir im nächsten Ausbildungsgang ändern?
Mirabelle: Bislang gibt es an Hochschulen nur Fachleute, die unterrichten. Ich fände es wichtig, dass in der Ausbildung auch Peers unterrichten, weil sie erlebt haben, was Fachleute nur aus Erzählungen und Büchern wissen.
Matthias: Ich vergitzelte fast, während ich auf den Aufnahmeentscheid wartete. Als ich den positiven Bescheid erhielt, war ich mega erleichtert. Aber diese unangenehme Wartezeit ist ja nicht ein Problem des Ausbildungsgangs.

• Interview Walter von Arburg, Leiter Kommunikation


Rémy Guillaume ist beim SWS zuständig für die Peer-Ausbildung. Er freut sich, dass Mirabelle und Matthias die Ausbildung erfolgreich bestanden haben. Für ihn ist unbestritten, dass der Ausbildungsgang weiterentwickelt wird. Vieles hat sich auch bewährt. «Zentral war und ist die engagierte Begleitung der Auszubildenden», ist er überzeugt. Der zweite Peer-Ausbildungsgang des SWS startete am 1. Juli mit drei Teilnehmenden.