Wir sorgen für das körperliche und seelische Wohl unserer Gäste

Zahlreiche Freiwillige und Festangestellte leisten jeden Winter vollen Einsatz im Pfuusbus. Dieser ist ein Zuhause für Notleidende.

Alle sind willkommen

Der Duft von Bratensauce liegt in der Luft. In der Küche bereiten zwei Frauen das Nachtessen zu. Der Reis gart währenddessen im neuen Steamer. Liebevoll hergerichtete Tische, ein künstliches Kaminfeuer und eine Getränkestation
mit Kaffee und Schöggeli sorgen für ein gemütliches Ambiente im Aufenthaltsraum. Kurz nach Öffnung um 19 Uhr treffen die ersten Gäste ein. Nach dem Corona-Check und der Aufnahme der Personalien machen sie
es sich auf einer Bank gemütlich. Die Hungrigsten unter ihnen werfen ungeduldig einen Blick auf das heutige Menü. Es gibt Geschnetzeltes mit Sauce, Wildreis und Gemüse. Doch nicht allen Gästen ist nach essen zumute.
Einige suchen gleich einen Schlafplatz. Der Gassenalltag zermürbt und ermüdet. Andere suchen Gemeinschaft, jemanden, der ihnen zuhört. Auch dafür steht die Notschlafstelle des Sozialwerks Pfarrer Sieber im Albisgüetli.
«Für unsere Gäste ist der Pfuusbus ein Zuhause», erklärt Betriebsleiter Valentin Uberi.

Ein beliebtes Zuhause

Der Pfuusbus ist bei den Gästen beliebt. «Vor allem das gute Essen und das familiäre Ambiente werden sehr geschätzt», sagt Valentin Uberi. «Die meisten Gäste sind Stammgäste und kommen für einen Schlafplatz zu uns.» Man kennt sich. Eine Gemeinschaft, die Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Ausgrenzung durchbricht. Notleidende finden Unterstützung in ihrer Lebenssituation,bei seelsorgerlichen Fragen und sozialen Abklärungen. Der Pfuusbus ist weit mehr, als der Name vermuten lässt. Zum eigentlichen «Bus» mit Küche und Abstellraum gesellen sich ein Speisezelt, ein Schlafzelt, ein Materiallager, ein Esswarenlager, mehrere Isolationszimmer, vier Toiletten und eine Dusche.

Tatkräftige, freiwillige Unterstützung

Einlass für die Gäste ist täglich um 19 Uhr. Die meisten reisen selbst an. Manche stossen über die Kältepatrouille des SWS dazu. Bei der Kältepatrouille handelt es sich um Zweierteams, die im Winterhalbjahr zwischen 20 und 3 Uhr auf dem ganzen Stadtgebiet unterwegs sind und nach Obdachlosen Ausschau halten. Sie versorgen Betroffene mit warmen Getränken und Schlafsäcken und machen sie auf die Anlaufstellen und vor allem auf den Pfuusbus als Nachtlager aufmerksam. «Den Pfuusbusbetrieb könnten wir ohne die zahlreichen Freiwilligen unmöglich stemmen», erklärt Valentin Uberi. Insgesamt 120 aktive Freiwillige zwischen 30 und 84 Jahren helfen täglich in der Küche, am Empfang oder während der Nachtschicht. Sie sind gleichzeitig Zuhörerinnen und Gesprächspartner der Gäste. «Manchmal jassen wir mit ihnen, manchmal hören wir ihnen einfach zu.»

Es hätt, solangs hätt

Die Küche wird jeweils von zwei Freiwilligen betreut. Sie kümmern sich um die Zubereitung der Gerichte mit anschliessender Essensausgabe. Dabei gilt das Prinzip «es hätt, solangs hätt». Meistens wird für 20 bis 30 Gäste gekocht. Falls das Essen ausgeht, wird improvisiert. Zur Not gibt es Spaghetti mit Sugo – quasi zum Dessert. Um 22 Uhr ist Schluss bei der Essensausgabe, doch hungrige Mäuler bekommen auch danach noch etwas zu essen. Andere wiederum beziehen bereits früh ihren Schlafplatz und gehen hin und wieder ihrer Nikotinsucht an der frischen Luft nach. «Bei uns erhalten die Gäste ein Kissen, eine Wolldecke und eine Tasche für die persönlichen Utensilien», erklärt Valentin Uberi. Sogar Ersatzkleidung steht den Gästen bei Bedarf zur Verfügung. Das Schlafzelt bietet mit seinen Etagenbetten Platz für 34 Gäste. Wenn immer möglich, wird bei der Vergabe des Schlafplatzes auf die Wünsche der Gäste eingegangen. Manche kommen mit ihren Hunden, und Stammgäste bevorzugen ihr gewohntes Bett. Ein Schlafplatz ist kostenlos. Wer hingegen nur für eine warme Mahlzeit vorbei kommt, bezahlt zwei Schweizer Franken. Für à discretion wohlbemerkt.

Schutz der Gäste steht im Vordergrund

«Die aktuelle Corona-Situation ist eine zusätzliche Herausforderung für uns», sagt Valentin Uberi. Die Gäste gelangen bei ihrer Ankunft zuerst an eine Art Check-in-Schalter, wo die Personalien aufgenommen, Fieber gemessen und Hygienemassnahmen wie die Händedesinfektion vorgenommen werden. Im gesamten Betrieb herrscht Maskenpflicht, ausser beim Essen und Schlafen. Tischbänke, Betten und Essensausgabe sind mit Plexiglas ausgestattet, sodass gleichzeitig der Mindestabstand eingehalten wird. Bei Verdacht einer Corona-Erkrankung stehen separate Isolationszimmer zur Verfügung. Eine lückenlose Umsetzung der Schutzmassnahmen ist unabdingbar, da die Gäste im Pfuusbus aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung häufig Risikopersonen sind. Das Alter der Gäste variiert von 25 bis 75 Jahren, 80 Prozent sind männlich. Aufgenommen wird jeder und jede. Das sei vor allem der umsichtigen Planung und der Zusammenarbeit mit der städtischen Notschlafstelle zu verdanken, sagt Valentin Uberi.


• Bild und Text von Michael Rohrbach