Ich habe einen prima Riecher für Menschen

Manfred (68) hauste in einer Kartonkiste. Jetzt hofft er, dass es noch lange so bleibt, wie es ist. Denn im Sunegarte fühlt er sich zuhause.

Ich kam in Glashütten bei Murgenthal zur Welt. Meine früheste Kindheitserinnerung ist mein erster Schultag. Er machte mir Angst, aber das Rechnen machte mir sehr viel Freude und ich bekam dafür gute Noten. Nach der Schule lernte ich Werkzeugmacher. Dann zog es mich ins Ausland. Ich ging nach Afrika – nach Kenia, um genau zu sein. Drei Mal drei Monate war ich dort. Aber auch in Asien war ich, lernte Englisch, um mit den Leuten reden zu können.

Wenn ich jeweils zurück in die Schweiz kam, fand ich immer einen Job. Als Werkzeugmacher war ich länger in der Druckereibranche tätig. Mein Weg führte ins Welschland nach Nyon, dann nach Köln und auch in Koblenz arbeitete ich.

Dann bekam ich Rückenprobleme, wurde zwei Mal operiert. Heute geht es mir besser. Ich hatte ein gutes Leben, gute Leute um mich. Ich habe mir immer die Guten ausgesucht, dafür habe ich einen prima Riecher. Ich lebte in einer Vierzimmerwohnung, hatte einen Job. Aber der Chef war ein Arschloch. Ich rutschte ab und bekam die Kündigung. Als ich kein Geld mehr hatte, wurde mir auch die Wohnung gekündigt. Dann landete ich auf der Strasse. Ich hauste in einer Kartonschachtel, manchmal übernachtete ich im Pfuusbus. Eineinhalb Jahre ging das so.

Nun bin ich seit acht Jahren im Sunegarte. Ich habe sogar den Umzug von Wetzikon nach Egg erlebt. Mir gefällt es hier. Im Sommer bin ich gerne draussen. Vor der Corona-Zeit machten wir öfter Ausflüge, zum Beispiel in Knies Kinderzoo. Dort hat es mir gut gefallen. Ich liebe Tiere. Hunde mag ich auch. Den Hund einer Betreuerin kann ich sogar auf dem Arm halten. Ich hatte früher selber für vier Jahre einen Boxer. Doch dann wurde ich vom Vermieter vor die Wahl gestellt: entweder muss der Hund gehen oder wir beide ...

Meine Kraft lässt nach, «pressiere» kann ich nicht mehr – ohne Rollator geht gar nichts. Hier im Sunegarte habe ich ein Zimmer und sogar einen Kühlschrank. Den brauche ich, denn das Essen schmeckt mir nicht immer. Darum findet man in meinem Kühlschrank jederzeit Aufschnitt und Toastbrot. Jetzt hoffe ich, es geht immer so weiter – also, dass ich hierbleiben kann. Und dass wir wieder etwas mehr unternehmen können, vielleicht in den Zoo Rapperswil.» • aufgezeichnet von Helena Gysin