Am frühen Sonntagmorgen fand die Stadtpolizei Zürich beim Gemeinschaftszentrum Bachwiesen im Kreis 9 einen Mann tot auf. Medienberichten zufolge hatte ein 20-jähriger Mann den Obdachlosen erschlagen, die Tat gefilmt und das Video auf die Social-Media-Plattform Snapchat hochgeladen. Noch gleichentags nahm die Polizei den dringend tatverdächtigen 20-Jährigen fest. Laut Medienberichten soll der Mann die Tat gestanden haben.
Trauer und Unverständnis
Die Nachricht vom gewaltsamen Tod jenes älteren Mannes, der seit Jahren beim GZ Bachwiesen seine Nächte und beim Einkaufszentrum Letzipark seine Tage (Bild) verbrachte und der mit den Menschen der Umgebung ein gutes Einvernehmen hatte, macht uns tief traurig und sprachlos. Wir können es nicht fassen und wollen es nicht wahrhaben. In Gedanken sind wir mit ihm und jenen Menschen, die ihn liebten und denen er nicht egal war.
Opfer ohne starke Lobby
Nicht die Tat allein ist es, die uns zutiefst erschüttert, sondern die menschenverachtende Haltung, die dahintersteht. Eine Haltung, die immer wieder aufscheint, wenn uns obdachlose Freunde von ihren teils traumatischen Erlebnissen auf der nächtlichen Gasse erzählen. Eine Haltung, die von persönlichen Problemen, Alkohol- und Drogenkonsum er Täter zeugt – und von Feigheit. Denn Obdachlose sind Einzelgänger und daher leichte Opfer.
Mehr Zivilcourage, bitte!
Solche Taten sind gottlob nicht an der Tagesordnung. Aber sie sind die Spitze eines Eisbergs. Denn immer wieder werden obdachlose Menschen blöd angemacht, angepöbelt, aus ihren Schlafsäcken gezerrt oder von ihren Schlafplätzen vertrieben. Und nicht selten geschehen solche Taten durchaus unter den Augen von Passanten. Darum appellieren wir an die Zivilcourage. Wer Zeuge eines Vorfalls wird, habe den Mut, sich einzumischen und Übeltäter zur Vernunft zu bringen. Oder den Vorfall zumindest der Polizei zu melden. Damit Obdachlose Menschlichkeit erleben und spüren, dass sie nicht sich selbst überlassen sind!