Tania

Tania S. kam als Jugendliche ins Heim, nahm Drogen und war im Gefängnis. Ihre drei Kinder musste sie fremdplatzieren.

Vor fünf Jahren hatte ich eine Haftstrafe wegen unbezahlter Bussen abzusitzen. Substituiert, also mit ärztlich verordneten Ersatzdrogen. Aber mir war bewusst, dass ich aufhören musste. Sowohl mit Drogen wie auch mit
verordneten Ersatzstoffen. Substitution nimmt dir zwar den Suchtdruck, süchtig aber bleibst du.

Die Justiz half mir jedoch nicht bei der Suche nach einem Therapieplatz. Zum Glück wurde ich aufs Sozialwerk Pfarrer Sieber aufmerksam. Ein Mitarbeiter holte mich vom Gefängnis ab und brachte mich zum Entzug ins Sunedörfli. Die ersten zwei Wochen schlief ich täglich fast 18 Stunden, so entkräftet war ich. Mein Lebenswille aber war wach. Es folgten dreieinhalb harte, aber lehrreiche Therapiejahre im Sunedörfli. Ich lernte mich selbst besser kennen und das biedere Alltagsleben schätzen; es gibt mir Stabilität und Tagesstruktur. Bald begann ich als freiwillige Hilfspflegerin in einem Pflegeheim zu arbeiten. Nachdem ich den SRK-Kurs als Pflegehelferin gemacht hatte, stellte mich das Heim mit einem Teilzeitpensum ein. Der Job gefällt mir.

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Ein tränenreiches Kapitel sind meine Kinder. Nicht, weil sie schwierig wären, im Gegenteil. Nachdem ich es mit den Buben zunächst probiert hatte, musste ich bald feststellen, dass ich ihnen kein Daheim bieten konnte. Ich stimmte der Fremdplatzierung zu. Das war der beste Entscheid meines Lebens – aber er brachte mich fast um. Denn ich ahnte, dass sie nie mehr zu mir zurückkehren würden. Das tat weh. Aber für sie war es richtig. Sie wuchsen bei lieben Pflegeeltern auf. Heute haben wir einen guten Kontakt und ich bin stolz, dass sie eine Ausbildung haben und zu verantwortungsvollen Menschen herangewachsen sind.

Meine Tochter ist deutlich jünger als ihre Brüder und wuchs in einem Kinderheim auf. Dort durfte ich sie jeweils zwei Stunden pro Woche besuchen. Weil ich nun clean bin und arbeite, konnte sie im Sommer zu mir ziehen. Sie hat die Umstellung gut verkraftet und sich in der neuen Schulklasse eingelebt. Wir beide haben auch rasch zueinander gefunden und sind glücklich. Im Heim hatte sie es auch gut. Regelmässig besucht sie nun ihre Gspänli dort.

Meine eigenen Heimerinnerungen sind weniger gut: Nachdem ich als 13-Jährige aus der Schule geflogen war, musste ich in ein Heim. Dort rebellierte ich, kiffte und nahm bald harte Drogen. Jahre auf der Gasse folgten, bis ich vor fünf Jahren den Rank fand. Ich bin mir bewusst, dass ich wieder abstürzen könnte. Aber ich weiss heute, worauf ich achten und was ich tun muss, wenn ich die Alarmzeichen erkenne.

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